Allgemein, Fairer Handel, Nachhaltigkeit
Kommentare 5

Fairtrade und Qualität

Es fühlt sich ein bisschen so an, wie es für Sisyphus gewesen sein muss: Gebetsmühlenartig muss ich Fakten wiederholen, die im Diskurs nicht ankommen. Der Stein des Fairen Handels rollt immer kurz vor der Erkenntnis wieder ins Tal der Unwissenheit. Immer wieder wird der Faire Handel von Themen überlagert, die einfach nicht dazu gehören. War es vor einiger Zeit der Unterschied von Fairem Handel zum Direkthandel, so ist es jetzt der Faire Handel und die Qualität.

Schon die Überschrift des Artikels von Axel Hansen bei Zeitonline zeigt Unkenntnis und Ignoranz. „Das Geschäft mit dem schlechten Geschmack.“

Wer als Kaffeehändler Kaffee in schlechter Qualität kauft, macht seinen Job nicht gut. Dabei ist es unerheblich, wo er diesen kauft oder von wem. Ob er nach Fairhandels-Kriterien kauft oder gleich Fairtrade zertifiziert, ist dabei ebenso egal. Nun aber dem Fairen Handel zuzuschreiben, dass dieser schlechte Qualität fördert, ist dreist und wird  leider oft von Unternehmen vorgebracht, die sich gegen ein Mitwirken am Fairtrade System entschieden haben und so apologetisch versuchen ihre Entscheidung zu begründen. Die Zeit schlägt mit ihrer Berichterstattung in letzter Zeit in die gleiche Kerbe. Warum das so ist, bleibt mir rätselhaft.

Der Fairtrade Grundsatz

Im Fairtrade-System gibt es für Produkte einen Mindestpreis. Dieser soll eine Planungssicherheit für diejenigen bieten, die sonst keine Lobby haben, nur einen Bruchteil des Verkaufspreises verdienen und schwierig an jene Informationen kommen, welche die Kaffeehändler an den Kaffeebörsen über ihre Monitore flimmern sehen. Zusätzlich zu diesem Mindestpreis bekommen die Kaffeebauern eine Fairtrade-Zulage, mit welcher demokratisch entschiedene Gemeinschaftsprojekte umgesetzt werden sollen. Letzteres soll die Gemeinschaft stärken und auch Menschen, die nicht im Fairen Handel tätig sind davon profitieren lassen.

Fairtrade=Qualität?

Faktisch und isoliert betrachtet gibt es keinen Zusammenhang zwischen Fairtrade und der Qualität. Weder einen negativen, noch einen positiven. Das Fairtrade-System setzt andere Schwerpunkte. Das schlechte Qualität mit fairen Produkten in Verbindung gebracht wird, mag ein Erbe aus den Anfängen des Fairen Handels sein. Aus den 1980er Jahren kenne ich viele Berichte, nach welchen Menschen den armen Kaffeebauern ihren minderwertigen Kaffee abkauften. Dabei ging es ausschließlich darum, den Menschen zu helfen und in keinster Weise um Qualität. Die Einkäufer der Weltladen-Bewegung und auch der GEPA hatten keine Ahnung von Qualität. Aber auch hier wurde in den letzten Jahrzehnten professionalisiert und zwar enorm.

Wenn Claudia Brück, Pressesprecherin von Fairtrade Deutschland, im oben genannten Zeitonline Artikel mit den Worten zitiert wird „Im System gibt es keinen Extra-Aufschlag für besonders gute Bohnen“, hat sie Recht. Im zweiten Halbsatz muss man dem aber hinzufügen, wie sie weiter oben im Artikel zitiert wird: „Die Annahme, dass Fairtrade alles Angebotene abnimmt, ist falsch.“ „Wenn die Qualität nicht stimme, werde der Kaffee nicht aufgekauft.“, heißt es dort weiter. Genau hier liegt der Punkt: Natürlich weiß Fairtrade, dass Menschen in erster Linie guten Kaffee trinken wollen. Hohe Qualität hilft den Kaffee zu verkaufen. Und das ist neben den Mindestpreisen und Zulagen der zweite Weg, wie Farmern geholfen wird. Sie werden beraten um die Qualität zu verbessern und so am Markt bessere Chancen zu haben.

Zusammengefasst ist dies in den Fairtrade Producer Services von Fairtrade International.  Sowohl direkt, als auch über die Produzentennetzwerke, die im Fairtrade System aktiv sind, gibt es verschiedenen Schulungen zu Preisen, Qualität und Vermarktungsaspekten.

Eine theoretische Diskussion

Wie im Zeitonline Artikel schön dargestellt wird, liegt der Marktpreis für Kaffee seit 2006 zum Teil weit über dem Fairtrade Mindestpreis. Das bedeutet, dass Käufer immer den höheren Preis bezahlen müssen. Die Logik qualitativ schlechten Kaffee als Fairtrade Kaffee zu zertifizieren, um ihn dann zu einem höheren Preis abzusetzen, gilt also für die letzten gut acht Jahre nicht – zumindest nicht flächendeckend. Natürlich kann es in lokalen Marktsituationen dazu kommen, dass der Kaffeepreis unter den Fairtrade Mindestpreis rutscht. Aber das ist nicht die Regel.

Macht der Konsumenten

Am besten ist es, wenn auch die Konsumentinnen und Konsumenten daran mitwirken, dass im Fairtrade System die Qualität weiter steigt. Sich unter den Fairtrade Kaffees den auszusuchen, der einem persönlich am besten schmeckt, führt dazu, dass dieser in größeren Mengen abgesetzt wird. Dadurch werden gute Angebote gefördert.

Auch die andere Richtung ist machbar: Beim lokalen Kaffeeröster anregen, dass er seine Kontakte nutzt, damit der gut schmeckende Kaffee mittelfristig auch aus Fairem Handel kommt.

Für mich persönlich gehen die Dinge nur zusammen: Nur wenn der Kaffee gut schmeckt und aus Fairem Handel stammt, entfaltet er für mich den optimalen Geschmack.

Zum Weiterlesen:
Zeitonline Artikel: Das Geschäft mit dem schlechten Geschmack
Stellungnahme GEPA
Stellungnahme Fairtrade Deutschland

CC BY-SA 3.0 DE
Inhalte auf raphabreyer.de stehen i.d.R. unter freier Lizenz (Näheres im Impressum ). Der Artikel „Fairtrade und Qualität“ (Text) steht unter der CC BY-SA 3.0 DE Lizenz. Der Name des Autors soll wie folgt genannt werden: Rapha Breyer.

5 Kommentare

  1. Pingback: Fairer Kaffee – unfaire Kritik | Portionsdiät

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.