Alle Artikel mit dem Schlagwort: Indien

Das DM Taschengate und seine bio faire Komponente

Die Wogen schlagen zu Recht hoch in den letzten Tagen. Worum es geht? Pia Drießen hatte entdeckt, dass die DM-Pfandtaschen nun nicht mehr von Manomama gefertigt werden, sondern jetzt aus Indien kommen. Seither zeigt sich auf Twitter unter #taschengate berechtigte Verärgerung. Die Kundinnen und Kunden darüber nicht zu informieren, zeugt mindestens von schlechtem Stil seitens DM, wenn es nicht sogar vorsätzliche Verbrauchertäuschung ist. „Manomama“ Sina Trinkwalder behauptet, dass sie erst durch den Blogpost erfahren hat, dass DM auch Taschen anderer Produzenten in ähnlichem Design anbietet. Stimmt dies, kann man wohl das Geschäftsverhältnis auch nicht gerade vertrauensvoll nennen. Mein Ansatzpunkt ist aber ein anderer: In mehreren Posts zum Thema ging es um die Frage „bio und fair“ versus „Produktion in Indien“. Exemplarisch der Tweet von @perleralations: Dies empfinde ich als eine unzulässige Vermischung der Faktoren. Man kann nämlich sehr wohl bio und fair in Indien produzieren und es gibt weitere Gründe, warum eine Produktionsverlagerung von Manomama nach Tiruppur in Indien sinnvoll sein kann.

Pure Provokation wird niemals siegen!

Bäm: H&M produziert seine hippe Kollektion ALEXANDER WANG x H&M mit kleinen Kindern in Indien. Zumindest könnte man das nach dem Kurzfilm von Dandy Diary denken. Darin sitzen vielleicht 10-jährige Jungs an Nähmaschinen und nähen unter anderem ein Nackenlabel ein. Inzwischen ist das Originalvideo gelöscht, hier ein repost. Spätestens das von jounelles.de zum Film veröffentlichte Interview und die Posts von Dandy Diary bei Facebook zeigt jedoch, dass es nur billige Provokation ist, die zur eigenen Profilierung dient und keinerlei Hinweise darauf liefert, dass es bei H&M irgendeinen Zusammenhang zu Kinderarbeit gibt. Das ist ein probates Mittel in unserer Darstellungsgesellschaft. Jedoch wird H&M gerichtlich dagegen vorgehen und gewinnen. Hier die Ankündigung:Damit wäre H&M von hier erhobenen Vorwurf der Kinderarbeit reingewaschen. Das nimmt auch allen die gegen Kinderarbeit in der Textilindustrie kämpfen die Aufmerksamkeit und die Chance gehört zu werden. Damit wird der Kampf gegen Kinderarbeit schwieriger. Aber hey: Dandy Diary haben einen Viralerfolg. Yeah!!11elf!! Dass es in erster Linie um diesen viralen Erfolg ging und in keiner Weise eine fundierte Kenntnis der Textilproduktion vorliegt, zeigt das oben genannte …

Unterschiedliche Maßstäbe

Stellen wir uns einen Agenturmitarbeiter in einer deutschen Stadt vor. Er verdient, am Durchschnitt gemessen, viel Geld. Das ist ok, er arbeitet ja auch gut und viel. Es ist eine meist ungeschriebene Abmachung, dass er abends länger bleibt um Projekte abzuschließen. Hoffentlich bekommt er die Überstunden bezahlt, wahrscheinlich bekommt er am Jahresende einen Bonus. Das er an fünf Arbeitstagen mehr als 50 Stunden arbeitet stört ihn zwar manchmal, aber das Geld macht es erträglich. In Deutschland ist dieses Verhalten gesellschaftlich akzeptiert. Auch das jammern darüber. Der Mensch will vorankommen, Geld verdienen, er nutzt dafür seine Möglichkeiten. Szenenwechsel: Indische Näherei. Ein Näher in Tiruppur. Er verdient, am Durchschnitt gemessen, viel Geld. Das ist ok, er arbeitet ja auch gut und viel. Er macht immer wieder Überstunden um Projekte abzuschließen. Für ihn ist das in Ordnung, er bekommt die Überstunden bezahlt. Am Ende des Jahres bekommt er einen Bonus, wenn sein Unternehmen Gewinne abwirft. Das er an sechs Tagen in der Woche auch mal 60 Stunden arbeitet stört ihn zwar manchmal, aber das Geld macht es erträglich. …

Wo jedes Shirt beginnt.

Der Weg zurück zum Ursprung unserer Lieferkette brachte mich die letzten Tage nach Titilagarh in den östlichen Bundesstaat Orissa. Hier produziert die Pratima Organic Grower Group die Fairtrade zertifizierte Biobaumwolle für die Shirts von 3FREUNDE. O rissa ist ein landwirtschaftlich geprägter Bundesstaat in dem der wirtschaftliche Erfolg sehr vom Monsunregen abhängt. Baumwolle ist für die Bauern oftmals die einzige Geldeinnahmequelle, eine Cash Crop. Wenn der Monsum zu spät kommt, so ist das Wachstum der Baumwolle gefährdet und es bleibt nur der geringe Ertrag aus den Gemüsesorten die später angebaut werden. Dank dem Einsatz von Biobaumwolle ist wenigstens das möglich und eine klassische Fruchtfolge machbar. Auf Feldern mit Baumwolle im konventionellen Anbau wächst durch den Einsatz von Pestiziden nichts als Baumwolle. Meine Reise startet mitten in der Nacht in Raipur, der nächst größeren Stadt, und führt mich nach 5 Stunden Autofahrt in ein kleines Dorf. Fast alle hier bauen Baumwolle an. Es gibt zwei Anbaugruppen in denen sich die Farmer gegenseitig unterstützen. Die eine besteht aus Frauen das Dorfes, die Andere aus Männern. Wie Stefan im Bericht …

Kann ich das Shirt auch in einer anderen Farbe haben?

Als ich vor über zwei Jahren bei 3FREUNDE zu arbeiten anfing, hatte ich vom Färbeprozess folgende Vorstellung: Männer stampfen in Färbebrühe und Stoff. Dabei war meine Hoffnung, dass bei der Färberei die für 3FREUNDE arbeitet die Leute wenigstens Gummistiefel tragen. So wenig Ahnung hatte ich von alldem. Dieses Bild war und ist natürlich gänzlich falsch, denn gerade im Fairtrade-Bio-Bereich sind die Färbeprozesse schon sehr lange industrialisiert. Ich sah Bilder aus der Färberei. Riesige Waschmaschinen die Kiloweisestoff stundenlang hin und her walken bis dieser die richtige Farbe bekommen hat. Aber auch das entspricht in seiner Einfachheit nicht der Realität, wie ich jetzt bei einem Besuch beim Färbedepartment Colorsburg von Shakthi Knitting in Tiruppur feststellen durfte. Hier werden auch die Stoffe für 3FREUNDE gefärbt. Das Erdgeschoss der riesigen Halle wird dominiert von Stoffballen. Diese werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet. Zuerst werden die 20kg schweren Stoffballen so lange zusammengeführt, bis sie das Färbegewicht erreicht haben. Für die kleinste Maschine sind dies 180kg. In die größte Maschine passt etwa eine Tonne Stoff. Bevor jedoch der eigentliche Färbeprozess beginnt muss …

T-Shirt City – Fluch und Segen der Textilindustrie

Als Girish mich vom Flughafen abholt, fahren wir 40 Minuten von Coimbatore nach Tirupur auf einem Highway. An der Stadtgrenze, die keine ist, beginnen die Häuser größer zu werden. „Alles Textilfabriken“, sagt Girish. „Diese hier auch, und diese hier“, zeigt er auf vorbeiziehende Häuser. „Für solch große Fabriken wird es aber bald zu teuer sein hier. Für Massenproduktionen steigen die Löhne zu schnell.“ Alles in Tirupur hängt an den Textilien. Wer nicht mit Textilien sein Geld verdient, verdient sein Geld mit dem Menschen die mit Textilien ihr Geld verdienen. In dem er ihnen Häuser vermietet, Essen zubereitet oder deren Motoroller wartet. Das ist Fluch und Segen zugleich. Vor 40 Jahren gab es hier vor allem Landwirtschaft. Dann fiel über Jahre kein Regen und es musste eine andere Beschäftigung her. Mit der Textilproduktion kam Arbeit zurück nach Tamil Nadu. Aber auch negative Extreme wurden sichtbar: Bunt gefärbtes Wasser in den Flüssen, überforderte Infrastruktur und  teilweise schlechte Bezahlung der Arbeiterinnen und Arbeiter. Das Problem der Färbemittelabwässer hätte die Politik lösen müssen, tatsächlich haben es Richter getan: 2011 mussten …