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Jedem sein Twitter? – Twitter als Tool für Jugendverbände

Mein Freund Daniel betont immer, dass niemand Twitter nutzen muss und dass es keine festen Regeln gibt wie man Twitter zu benutzen hat. Eine Zahnbürste hat eine feste Funktion, Twitter hat dies nicht. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten zu welchem Zweck Twitter eingesetzt werden kann.

Das Unternehmen Twitter stellt nur eine Plattform zur Verfügung. Als Benutzer kann man darüber Nachrichten mit einer Länge von 140 Zeichen mit der Welt teilen, ein sogenannter Tweet. Man kann entscheiden ob nur ausgewählte Menschen das Lesen können (die eigenen Follower) oder ob es eine Nachricht für alle sein soll. Darüber hinaus gibt es ein paar Funktionen die Twitter zu einem guten Tool machen.

Mit dem Reply oder @Mention kann eine adressierte Person durch Voranstellen des @ direkt angesprochen oder erwähnt werden. Twitter registriert das und informiert denjenigen. Mit einem Retweet (RT) teilt man das von jemand anderem Gesagte an seine Follower und kann noch etwas hinzufügen. Die Direktnachricht (DM) ist vergleichbar mit einer privaten eMail. Nur der Empfänger kann sie lesen.

Die einzigen Verbindungen die Twitter selbet herstellt sind die Followerbeziehungen. So eine Beziehung ist asymmetrisch, was bedeutet, dass ich jemandem folgen kann, ohne dass er mir folgen muss. Wenn ich jemandem folge, dann sehe ich in meinem Stream, also dem Strom der Nachrichten, alles was dieser Twitterer schreibt.

Darüber hinaus ist Twitter aber kein abgeschlossenes System und vor allem in seiner Benutzbarkeit nicht festgelegt. Das bedeutet, dass der Strom aller Nachrichten gefiltert und durchsucht werden kann. Dabei hat sich im Laufe der Zeit herausgebildet, dass die Twitterer wichtigen Wörtern ihres Tweets eine Raute, das sogenannte Hash, vorstellen und sich für Themen und Veranstaltungen meist Akronyme als Hashtags herausbilden. Damit kann der Stream mit einfachen Suchkriterien nach Themen durchsucht werden. So wird man auch auf Twitterer aufmerksam, die man nicht kennt, die aber über ähnliche Themen sprechen.

Neben der ad hoc-Suche nach Wörtern, Themen, Hashtags und Benutzern gibt es eine Vielzahl von Programmen mit welchen sich die Flut an Informationen sortieren und bündeln lässt. So kann der Newsstream mit wenigen Klicks zur persönlichen regionalen Tageszeitung oder zum Gruppenchat werden. Zum Fachforum oder zum virtuellen Lagerfeuer. Zum Spamkanal oder zum Ausdruck der sprachlichen Feinsinnigkeit.

Jedem sein Twitter!

Dies gilt zumindest für den persönlichen Bereich. Für Unternehmen und auch Jugendverbände ist Twitter das Werkzeug, das wie kein anderes die Möglichkeiten des Web 2.0 verkörpert. Twitter ist das einzige Medium in welchem Informationen weiträumig verteilt werden können und das dabei einen offenen, niederschwelligen und persönlichen Rückkanal bietet. Twitter ist sowohl eine Gesprächsplattform auf welcher Produkte präsentiert und Mitglieder informiert werden können, als auch eine der schnellsten Möglichkeiten wie interessierte Menschen in Entscheidungs- und Kreativprozesse eingebunden werden können.

Was macht Twitter einzigartig?

Auf den ersten Blick sind das alles Dinge, die auch über eine gut betreute Facebookseite zu realisieren sind. Auf den zweiten Blick gibt es einen großen Unterschied: Während es bei Facebook durch beide Seiten, nämlich Sender und Empfänger, einer Bestätigung des Kontakts bedarf, ist dies bei Twitter nicht der Fall. Der Twitter Nutzer sendet seine Informationen in den großen Topf aus welchem jeder die für sich relevanten Informationen herausfiltern kann. Die Adressaten sind also nicht Fans oder Menschen die den Like-Button gedrückt haben, sondern Interessierte und Aufmerksame. Die Kommunikation ist von sich aus ungeordnet und wird erst durch die richtigen Suchbegriffe und Followerbeziehungen zur Quelle. Man kommuniziert nicht nur im eigenen Tümpel sondern auf allen sieben Weltmeeren.

Wie twittern Jugendverbände?

Gerade in Jugendverbänden ist zu beobachten, dass Twitter unterschiedlich gut genutzt wird. Alle Möglichkeiten des Dienstes nutzt kein offizieller Kanal wirklich aus.

@bdkj
Der Bundesverband des Bundes der katholischen Jugend, dem Dachverband der katholischen Jugendverbände nutzt Twitter sporadisch, aber dann intensiv. So gibt es hier während Veranstaltungen wie der Sternsingeraktion oder der Hauptversammlung des Zentralkomitees der Katholiken Entwicklungen und Neuigkeiten zu lesen. Leider kommt dazwischen recht wenig. Auch die Interaktion lässt manchmal zu wünschen übrig.

@kljb_bund
Besser macht dies der Bundesverband der Katholischen Landjugendbewegung. Hier wird auf externe Informationsquellen verwiesen und gezielt auf Rückmeldungen und Nachfragen eingegangen. Leider fehlt auch hier die konstante Präsenz die es ermöglichen würde einen echten Dialog zu führen.

@vcp_de

Der Bundesverband des Verbands Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder nutzt Twitter nur um Inhalte der eigenen Website via Twitterfeed unters Volk zu schleudern. Immerhin passiert das regelmäßig, für so etwas gibt es aber eigentlich RSS Feeds.

@dpsg
Genau so nutzt auch mein Verband, die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg, Twitter. Automatisiert landet alles was auf der Website publiziert wird in einer gekürzten Form auch bei Twitter. Über diesen Weg wird das dann auf die Facebook-Seite des Verbandes weitergeleitet. Viele Daten deren Mehrwert sich, vorsichtig formuliert, in Grenzen hält.

@rdprdp
Den umgekehrten, aber keinesfalls besseren Weg, beschreitet der Ring deutscher Pfadfinderverbände. Alles was auf Facebook gepostet wird, landet bei Twitter. Erst in den letzten Tagen scheint hier der Vorteil der Zwei-Wege-Kommunikation von Twitter entdeckt worden zu sein.

Wie könnte es besser gehen?

Rezepte die es im Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen längst gibt, ließen sich gut für die Jugendverbandsarbeit adaptieren. Etwa braucht auch ein Jugendverband die Bindung zum Kunden, den Leiterinnen und Leitern sowie den Kindern und Jugendlichen. Diese personalisierte Kommunikation ermöglicht es einem Verband menschliche Einblicke in seine Arbeit zuzulassen und erzeugt damit eine Verbindung zwischen Menschen und nicht zwischen einem Menschen und einem abstrakten Verband.

Andererseits kann der Jugendverband Twitter auch als Informationsquelle nutzen. Zu vielen Themen der Jugendverbandsarbeit twittern mehr oder weniger bekannte Personen. Kleine Ortsgruppen die gute Ideen umsetzen, können so besser aufgespürt und als best practise Beispiele gezeigt werden. Ein Verband kann dadurch serviceorientierter für seine Mitglieder arbeiten und gerade Leitungskräften direkte Impulse liefern.

Eine zielgerichtete Nutzung von Twitter verändert allerdings auch die Art, wie die Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden funktioniert. Sie erfordert von den Leitungen und Mitarbeitern die Bereitschaft sich mit ihrer Persönlichkeit transparent zu machen. Also als eigenständige Person präsent zu sein. Man muss merken, wer etwas schreibt. Das darf aber nicht mit einem Einblick ins Privatleben verwechselt werden. Privates bleibt weiterhin privat.

Die Uhren im Web 2.0 gehen anders

Auch Arbeitszeitaufteilung funktioniert in Zeiten von social media anders. Es ist nicht möglich eine Twitterzeit einzurichten in der morgens zwischen 9 und 10 Uhr nach Twitter geschaut wird. Twitter ist ein durchziehendes Element, wie etwa ein Telefon, das von Zeit zu Zeit Aufmerksamkeit erfordert die nicht immer einplanbar ist.

Abschließend glaube ich, dass Jugendverbände bei einer falschen oder Nicht-Nutzung von Twitter den Bezug zu ihrem Klientel weiter verlieren werden. Jugendverbände müssen nicht nur Teil von Jugendkultur sein, sondern sich mit an deren Spitze setzen um die Richtung zu bestimmen. Wer nur hinterher trottet bestimmt nicht den Weg. Und gerade in der heutigen hedonistischen Konsum und Darstellungsgesellschaft brauchen Kinder und Jugendliche Jugendverbände die mit ihnen zusammen auf Augenhöhe nach Lösungen für die Welt suchen.

Das ist jedoch meine Meinung. Was meinst du dazu?

CC BY-SA 3.0 DE
Inhalte auf raphabreyer.de stehen i.d.R. unter freier Lizenz (Näheres im Impressum ). Der Artikel „Jedem sein Twitter? – Twitter als Tool für Jugendverbände“ (Text) steht unter der CC BY-SA 3.0 DE Lizenz. Der Name des Autors soll wie folgt genannt werden: Rapha Breyer.

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